Die neuen Graswurzelavantgarden

Die Kamera blickt von schräg oben auf zwei nackte, boxende Männer. Das flackernde Bild eines 8-mm-Films zeigt sie in einem kleinen Zimmer, wie sie sich umkreisen, wie sie ihre Fäuste schwingen, wie sie sich wegducken, wie ihre Körper einander durchdringen. Wer boxt gegen wen? Nicht zwei, sondern ein Mann kämpft hier, gegen sich selbst. Der rumänische Künstler Ion Grigorescu nutzte die Technik der Doppelbelichtung, um im Schatten der Ceauşescu-Diktatur in seiner Privatwohnung jene Experimente durchzuführen, die im öffentlichen Raum verboten waren. «Boxing» ist ein exemplarisches Dokument der Untergrundkunst aus der kommunistischen Ära Mittelosteuropas, als das Private in einem sehr viel unmittelbareren Sinn politisch war als in den immer wiederkehrenden Phrasen und Slogans der westlichen Demokratien der Nachkriegszeit.