Biermanns Seitensprünge
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Bibliographische Infos

Zeitschrift für Ideengeschichte
Jahrgang 19 (2025), Heft 4
- Autor:innen:
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- Verlag
- C.H.BECK Literatur - Sachbuch - Wissenschaft, München
- Erscheinungsjahr
- 2025
- ISSN-Online
- 1863-8937
- ISSN-Print
- 1863-8937
Kapitelinformationen
Jahrgang 19 (2025), Heft 4
Biermanns Seitensprünge
- Autor:innen:
- ISSN-Print
- 1863-8937
- ISSN-Online
- 1863-8937
- Kapitelvorschau:
Wolf Biermann gilt als ostdeutscher Dissident, der sich nach seiner Ausbürgerung 1976 dem Westen zuwandte – ein Weg, der sich scheinbar geradlinig von der DDR zur Bundesrepublik, von der Diktatur zur Demokratie, von der Staatszensur zur freien Bühne vollzieht. So hat er es oft besungen und auch beschrieben, etwa in seiner Autobiografie Warte nicht auf bessre Zeiten! von 2016. Diese Deutung übersieht allerdings die strukturelle Widersprüchlichkeit seines Werks. Biermanns Texte und Lieder bewegen sich, und zwar bis heute, in einem Spannungsverhältnis: Sie beziehen sich auf den Westen, ebenso wie sie sich von ihm abgrenzen. Sie formulieren keine Bekenntnisse, sondern entfalten eine Konstellation, in der politische Kritik, kulturelle Faszination und ideologische Irritation nebeneinanderstehen. Vielleicht lässt sich Biermann am treffendsten als eine Figur zwischen den Systemen verstehen: beheimatet in beiden, aber in keinem wirklich zu Hause.